17.03.2010
Gelbe Fröhlichkeit und graue Trauer
Britische Forscher entwickeln Farbrad zur Bewertung von Emotionen
Depressionen haben eine Farbe: Sie sind grau, sagen britische Wissenschaftler. Die Forscher hatten Patienten mit Depressionen und Angsterkrankungen eine Palette von 38 Farben gezeigt und nach der Farbe gefragt, die den Gefühlszustand am besten wiedergibt. Die psychisch kranken Menschen wählten daraufhin bevorzugt Grau als die Farbe ihrer derzeitigen Stimmung. Die Forscher von der Universität in Manchester haben damit in einer objektiven Studie bestätigt, was bisher aus eher anekdotischen Berichten bekannt war. Das eigens für den Test entwickelte Farbrad könnte künftig bei der Diagnose psychischer Erkrankungen eingesetzt werden, erklären die Wissenschaftler.
Sonniges, fröhliches Gelb, nachdenkliches Blau, wütendes Rot, handfestes, erdverbundenes Braun und schließlich das triste, depressive Grau: Jedem farbsichtigen Menschen – zumindest in der westlichen Welt – sind diese Assoziationen vertraut. Doch sind sie auch objektivierbar? Und welche Verbindung haben sie zur Persönlichkeit eines Menschen? Es gibt eine ganze Reihe von teilweise sehr aufwendigen Tests, die genau hier ansetzen und anhand bevorzugter Farben und Farbkombinationen Rückschlüsse auf die Persönlichkeit eines Menschen ermöglichen sollen. Die Arbeit der Forscher ging hingegen in eine etwas andere Richtung: Ihr Ziel war es, eine Farbpalette zu entwickeln, die den Probanden helfen könnte, ihrer derzeitigen Stimmung einen objektivierbaren Ausdruck zu verleihen.
Im ersten Teil ihrer Studie zeigten die Wissenschaftler ihren Probanden eine Zusammenstellung von Farben, die sich am Farbkreis des amerikanischen Malers Albert H. Munsell orientierte und aus den Grundfarben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett bestand. Ergänzt wurden diese Farben noch mit Pink und Braun. Alle diese Farben waren in jeweils vier Helligkeitsstufen auf der Palette vertreten. Hinzu kamen noch Schwarz und Weiß sowie vier verschiedene Graustufen, sodass die Farbpalette insgesamt aus 38 Farben bestand.
Diese Palette zeigten die Wissenschaftler zunächst nur gesunden Probanden. Die Freiwilligen sollten angeben, welcher Farbton am ehesten ihrer Lieblingsfarbe entspricht, zu welcher Farbe sie sich emotional hingezogen fühlten und welche Farbe ihren emotionalen Zustand in den vergangenen Monaten am besten repräsentiert. Favorit bei der Lieblingsfarbe waren Blautöne, während Gelb am häufigsten als die Farbe mit einem besonderen emotionalen Bezug bezeichnet wurde. Gelb war zudem die Farbe, die den momentanen Gemütszustand der Probanden am ehesten widerspiegelte. In einer weiteren Befragung hatten die Freiwilligen anzugeben, welche Farben sie grundsätzlich mit positiven oder negativen Gefühlen verbinden.
Einen Teil der Versuchspersonen bestellten die Wissenschaftler zwei Wochen später erneut zum Test ein, um herauszufinden, inwieweit die aufgenommenen Daten objektivierbar sind. Das Ergebnis: Während nur rund dreißig Prozent der Probanden bei der Farbe mit der größten persönlichen emotionalen Verbindung die gleiche Wahl trafen wie zwei Wochen zuvor, schien die grundsätzliche Bewertung des emotionalen Gehalts einer Farbe keinen großen Schwankungen unterworfen zu sein: Hier entsprach die Wahl der Probanden in rund neunzig Prozent der Fälle genau der bei der vorigen Befragung.
Im dritten Teil des Versuchs befragten die Forscher schließlich insgesamt 218 Patienten, bei denen eine Depression oder Angsterkrankung diagnostiziert worden war, nach ihrer Lieblingsfarbe und der Farbe mit der engsten emotionalen Bindung. Hier waren wieder Blau und Gelb die klaren Favoriten. Anders als bei den gesunden Versuchsteilnehmern spiegelte jedoch nicht Gelb, sondern ein Grauton nach Angaben der Probanden den momentanen Gefühlszustand am besten wider. Depressive Menschen zeigen demnach eine auffällige Präferenz für Farben, die in den vorigen Befragungen als negativ eingestuft worden waren, erklärt Studienleiter Peter Whorwell.
Diese Erkenntnis wollen die Wissenschaftler für die Arbeit mit psychisch kranken Patienten nutzen: Das für die Studie entwickelte "Manchester Color Wheel" könnte gerade bei Patienten eingesetzt werden, die Schwierigkeiten haben, sich zu artikulieren und ihre Gefühle auszudrücken, sagen Whorwell und seine Kollegen. Sinnvoll könnte der Einsatz des Farbrads auch bei der Behandlung von Kindern sein. (ud)
Weitere Informationen: Originalarbeit der Forscher