23.01.2013
Geschmackvolles Orange und fades Weiß
Im richtigen Becher ist Kakao gleich noch einmal so gut
Das Geld fällt durch den Schlitz, ein orangefarbener Becher gleitet aus der Schiene und der Automat beginnt, heiße Schokolade in das Gefäß laufen zu lassen. In diesem Fall heißt es: zugreifen! Spuckt der Automat jedoch einen weißen Becher aus, sollte man vielleicht lieber die Finger davon lassen. Forscher haben nämlich jetzt gezeigt: Kakao schmeckt am besten aus orangen Bechern mit einem weißen Inneren, vollständig weiße Gefäße landen dagegen abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Und das ist nicht das einzige Beispiel für eine Verbindung von Farbe und Geschmack.
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57 Versuchstrinker rekrutierten Betina Piqueras-Fiszman aus Valencia und ihr Kollege Charles Spence aus Oxford für ihren Tassen-Test. Serviert wurden den Probanden angeblich vier verschiedene Kakaovarianten, die sie in verschiedenfarbigen Plastikbechern kredenzt bekamen – einem weißen, einem hellbraunen, einem orangefarbenen und einem roten. Tatsächlich handelte es sich jedoch nur um eine einzige Kakaosorte, die den Testteilnehmern in gesüßter oder ungesüßter Form vorgesetzt wurde. Anschließend sollten diese anhand von Skalen bewerten, wie gut ihnen der Kakao geschmeckt hatte, wie süß, bitter und cremig sie ihn fanden und wie stark das schokoladige Aroma in Geschmack und Duft zu spüren gewesen war.
Eigentlich hätten die Proben bei diesem Test, abgesehen von der Süße, völlig gleich abschneiden sollen, betonen die Forscher. Tatsächlich aber mochten die Testtrinker die vermeintliche Kakaosorte am liebsten, die sie im orangefarbenen Gefäß serviert bekamen. Hier empfanden sie die Schokoladennote als am stärksten ausgeprägt. Fast gleichauf lagen die hellbraunen Becher, während die roten und die weißen deutlich geringere Werte auf der Geschmacksskala bekamen. Den Duft des Getränks beeinflussten die Farben der Becher dagegen deutlich weniger, die hellbraunen Gefäße hatten hier nur minimal die Nase vorn. Das Gleiche galt für die Süße. Bei Cremigkeit und Bitterkeit gab es überhaupt keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Bechern.
Wie dieser eigenartige Zusammenhang zustande kommt, können die Forscher allerdings noch nicht sagen. Vielleicht haben die Testpersonen die Farbkombination Orange/Weiß unbewusst mit etwas sehr Schokoladigem verbunden, was in derartigen Verpackungen verkauft wird, spekulieren sie. Vermutlich handelt es sich aber eher um eine grundlegende Neigung des Gehirns, verschiedene Sinneseindrücke miteinander zu verbinden. Denn der Kakao aus der orangefarbenen Tasse ist längst nicht das einzige Beispiel für eine intensive Wechselwirkung von Farbe und Geschmack.
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Bereits in den 1950er-Jahren hatten Wissenschaftler beispielsweise gezeigt, dass Zitronenlimonade sehr viel zitroniger schmeckt, wenn man den Gelbanteil im Design der Getränkedose etwas erhöht. Später kamen noch eine ganze Reihe weiterer Befunde hinzu. So empfanden Probanden Softdrinks in einem anderen Test als deutlich süßer, wenn sie sie aus leicht rosafarben getönten Gläsern tranken. Wasser aus Flaschen in kalten Farben wie Blau oder Türkis löschte in einer weiteren Studie den Durst besser als das gleiche Getränk aus einer rötlichen Flasche.
Auch für andere Heißgetränke konnten Forscher bereits zeigen, dass es nicht egal ist, aus welcher Tasse man sie trinkt. Beispiel Kaffee: Wird er in dunkelbraunen Tassen kredenzt, empfinden die Testtrinker ihn als sehr, manchmal sogar als zu stark. Bekommen sie stattdessen rote Tassen, attestieren sie ihm ein angenehm volles, sattes Aroma. Blaue Tassen machen ihn subjektiv milder, und bei gelben wird er als eher schwach bewertet.
Doch nicht nur bei Getränken, auch bei bestimmten Nahrungsmitteln kann die Farbe des Geschirrs einen deutlichen Geschmacksunterschied hervorrufen. Erdbeermousse von einem weißen Teller schmeckt zum Beispiel intensiver und süßer als von einem schwarzen, und salziges Popcorn aus einer weißen Schüssel entwickelt eine deutlich stärkere süße Geschmacksnote, als wenn es in einer farbigen Schüssel serviert wird.
Leider scheine es keine generelle Regel zu geben, welche Farbe welchen Geschmack verstärkt oder abschwächt, bedauern die Wissenschaftler. Wer also einen solchen Effekt nutzen möchte, müsse wohl oder übel testen, wie er sein Produkt am besten präsentiere. Es könne auch sein, dass der Einfluss der Farbe kulturell variiere und möglicherweise sogar bestimmten Moden unterworfen ist, spekulieren sie. Nichtsdestoweniger drücken die beiden Forscher ihre Hoffnung aus, dass diese Ergebnisse auch innovative Köche und Gastronomen inspirieren – und nicht zuletzt alle, die in der Lebensmittelverpackungsindustrie arbeiten. (ilb)
Kurzfassung der Originalstudie der Forscher: Betina Piqueras-Fiszman, Charles Spence: Journal of Sensory Studies, Bd. 27, Nr. 5, S. 324