05.02.2010
Narretei in vier Farben
Wie der Kölner Karneval und die Mainzer Fastnacht zu ihren typischen Farben kamen
Ob beim Karneval am Rhein, in der Mainzer Fastnacht oder beim schwäbisch-alemannischen Narrentreiben – die Tage bis Aschermittwoch sind bunt. Es würde Bände füllen, alle diese Farben in Trachten, Mänteln und Hüten, in Masken, Fahnen und Kostümen zu beschreiben und deren Herkunft zu erklären. Doch unter all dem bunten Treiben stechen zwei Farbkombinationen hervor: rot, weiß, gelb und grün in Kölner Karneval und rot, weiß, gelb und blau bei der Mainzer Fastnacht.

Die vier Farben weiß, rot, gelb und grün sind im Kölner Karneval allgegenwärtig. Foto: J. Badura, Köln/Festkomitee Kölner Karneval

Die Fahne der Mainzer Fastnacht hat ihren Ursprung in der französischen Trikolore, lautet einer der Erklärnungsversuche. Foto: Martin Bahmann, wikipedia.de, CC-Lizenz
Über "Seiner Tollität" kommt nichts mehr. Prinz Karneval ist der höchste Repräsentant des Kölner Karnevals und trägt kaiserliches Ornat in den Farben des Kölner Wappens: Seine Pumphose ist ebenso weiß und rot wie sein Wams mit Puffärmeln und sein Umhang. Zwei zentrale Farben des Kölner Karnevals wären damit also geklärt. Doch es gibt noch zwei weitere, wie ein Blick auf den Kopf "Seiner Tollität" zeigt: Dort befindet sich eine Mütze mit vier langen, gefärbten Federn, die – selbstredend – rot und weiß sind. Hinzu kommen dann noch gelb und grün. Diese Farben sollen für den Karneval stehen und tauchen auch in anderen Uniformen des Kölner Karnevals auf, beispielsweise in der Ehrengarde, und werden dort manchmal spöttisch als "Spinat mit Ei" bezeichnet.
Insgesamt steht also die Kombination weiß, rot, gelb und grün für den Karneval in Köln. Das ist keine neumodische Erfindung, sondern gilt bereits seit 1823. Damals trat in Köln die sogenannte Olympische Gesellschaft zusammen und einigte sich auf eine Neuordnung des Karnevals. Die honorigen Herren dieser Gesellschaft legten dabei nicht nur fest, dass ein Maskenzug einer der Höhepunkte des Karnevals sein sollte, sondern bestimmten auch jene vier Farben zu dessen Symbolfarben.
Zweihundert Kilometer rheinaufwärts, wo die tollen Tage nicht mehr Karneval heißen, sondern Fastnacht, nämlich in Mainz, hat sich erstaunlicherweise fast die gleiche Farbkombination etabliert: weiß, rot und gelb, nur statt grün wie in "Kölle" kommt in "Meenz" blau hinzu. Welchen Ursprung diese Kombination hat, darüber gehen die Ansichten auseinander. Eine Olympische Gesellschaft, die hier eine Deutungshoheit in Anspruch nehmen könnte, gibt es hier nicht.
Die bekannteste Erklärung erschließt sich jedem Besucher der Mainzer Fastnacht, der seinen Blick einmal weg vom närrischen Treiben hin zu den entlang der Straßen wehenden Fastnachtsfahnen richtet: Sie sind eine Karikatur der französischen Trikolore, denn die Fastnachtsfahne mit ihrer rot-weiß-blauen Farbkombination ist nichts anderes als eine auf den Kopf gedrehte französische Flagge. Die Mainzer, die in ihrer Geschichte immer wieder von den Franzosen besetzt waren, hätten auf diese Weise ihre Besatzer verspottet, so heißt es. Zur französischen Trikolore nahmen sie noch das Gelb der katholischen Kirche als vierte Farbe hinzu – möglicherweise, um ihre spöttische Intention zu verschleiern. Die blau-rot-weiße Farbkombination tauchte übrigens bereits bei den ersten Narrenkappen auf, die auf der Mainzer Fastnacht getragen wurden. Ihr Vorbild haben diese Kappen in den Jakobinermützen, die in der Französischen Revolution als Freiheitssymbol dienten.
Zu den vier Farben der Mainzer Fastnacht hat der Publizist und fundierte Kenner von Fastnachtsbräuchen Günter Schenk ein schönes Zitat eines Büttenredners des Jahres 1840 entdeckt. Es stammt damit aus einer Zeit, als sich die Farbkombination wohl bereits etabliert hatte. Dieser Redner soll unter Schwenken seiner Narrenkappe ausgerufen haben: "Weiß ist die Reinheit unserer Absicht, dein Gelb ist das Sonnengold unserer Herzen, dein Rot ist die Feuerfarbe unserer Gedankenbilder, dein Blau ist der Azurhimmel unserer Freudigkeit."