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25.10.2006

Von Grünschnäbeln, Grüner Soße und OP-Wäsche

Die Farbe Grün steht für Frische und Jugend und ist daher meist positiv belegt

Vom Grün der Hoffnung über das Suppengrün bis hin zum grünen Daumen und der grünen Lunge der Großstadt – die Farbe Grün ruft jede Menge Assoziationen hervor. Was grün ist, ist frisch, natürlich und umweltfreundlich. Die Grünen setzen auf diese Assoziationen genauso wie der Grüne Punkt. Natur und Vegetation sind grün, und da ist es nicht verwunderlich, dass sich das Grünflächenamt mit den städtischen Grünanlagen befasst. Wie die Saat im Frühling keimt auch die grüne Hoffnung.

Grün symbolisiert neben Frische auch freie Fahrt. Foto: PhotoCase.com
Grün symbolisiert neben Frische auch freie Fahrt. Foto: PhotoCase.com

Doch Grün ist keineswegs eine eindeutige Farbe. Auf der einen Seite ist es die Symbolfarbe des Lebens, was sich aus Pflanzenwachstum und dem grünen Sprießen des Frühlings ableiten lässt. Andererseits werden Dämonen oft mit grünen Augen dargestellt, und jeder hat eine lebhafte Vorstellung von der Farbe Giftgrün. Tatsächlich wurde grüne Malfarbe früher aus Grünspan hergestellt, der in Arsen gelöst war – beides hochgiftige Komponenten.

 

Heutzutage verbinden viele die Farbe Grün jedoch eher mit Gesundheit. Grünzeug steckt voller Vitamine und anderer wichtiger Nährstoffe, und seit einigen Jahren gilt in bestimmten Kreisen Chlorophyll selbst als Wunderwaffe gegen diverse Krankmacher. Chlorophyll ist der grüne Pflanzenfarbstoff, der es Bäumen, Gräsern und Algen ermöglicht, aus Sonnenlicht Energie zu gewinnen. Im Aufbau ist das Chlorophyll-Molekül dem Hämoglobin der roten Blutkörperchen sehr ähnlich, und so soll der Verzehr von chlorophyllhaltigen Getränken und Algenbrot gegen Müdigkeit, Depressionen und Jetlag helfen.

 

Im kulinarischen Bereich erfreut sich auch die Grüne Soße großer Beliebtheit, vor allem im Hessischen. Die Frankfurter Grüne Soße beispielsweise hat ihren eigenen "Verein zum Schutz der Frankfurter Grünen Soße", der bei der Europäischen Union einen Schutz der Ursprungsbezeichnung beantragt hat. Die kalte Soße muss mindestens sieben Kräuter enthalten und macht sich gut zu gekochtem Fisch und Fleisch, kaltem Braten und Pell- oder Salzkartoffeln. Sie war übrigens eine Leib- und Magenspeise Goethes.

Das Grün der sprießenden Natur stand Pate für das Grün der keimenden Hoffnung. Foto: Brillux
Das Grün der sprießenden Natur stand Pate für das Grün der keimenden Hoffnung. Foto: Brillux

Grüne Soße mit Pellkartoffeln ist ein traditionelles Gründonnerstagsgericht. Die Farbe Grün steht im christlich-religiösen Sinn für Erneuerung und die Befreiung von Sünden. Am Gründonnerstag, dem ursprünglich letzten Tag der Buß- und Fastenzeit, ist der Gläubige wieder grün geworden – er hat gebüßt und ist nun von seinen Sünden befreit. In der christlichen Religion ist Grün auch die Farbe des Heiligen Geistes und der Apostel.

 

Grün war die Lieblingsfarbe des Propheten Mohammed und ist bis heute die heilige Farbe des Islam. Sie steht für das ewige Leben, wie Mohammed es den Gläubigen prophezeite: Ein Paradies voll sinnlicher Freuden in bezaubernden Landschaften, blühenden Wiesen, schattigen Wäldern und ewigen Oasen. Für ein Wüstenvolk ist die Aussicht auf ein Paradies in Grün verständlicherweise eine einladende Vorstellung.

 

Im alltäglichen Leben moderner Zivilisationen symbolisiert Grün im Gegensatz zu Rot die Abwesenheit von Hindernissen. Eine grüne Ampel signalisiert freie Fahrt, Notausgänge sind grün beleuchtet. Wer jemandem "grünes Licht" gibt, gibt seine Zustimmung, und eine "grüne Welle" steht für einen Erfolg nach dem anderen. Aus psychologischer Sicht wirkt Grün beruhigend, ohne zu ermüden. Es ist die neutralste Farbe in unserer Symbolik und eignet sich daher gut zur Gestaltung von Wohnräumen. Schon Goethe bemerkte über die Farbe Grün: "Man will nicht weiter, und man kann nicht weiter. Deswegen für Zimmer, in denen man sich immer befindet, die grüne Farbe zur Tapete meist gewählt wird."

 

Grün wirkt außerdem beruhigend auf die Augen – einer der Gründe, weshalb die Wäsche im Operationssaal grün ist. Neben der beruhigenden Wirkung hat Grün auch den Vorteil, dass Blut darauf dunkel wirkt und damit weniger erschreckend aussieht, als wenn es blutrot erschiene.

 

Im Sprachgebrauch wird Grün häufig mit Unreife und Jugend gleichgesetzt: Ein Grünschnabel ist beispielsweise noch "grün hinter den Ohren". Auch in der Pflanzenwelt ist das Stadium der Unreife immer grün. Grüne Bananen und grüne Tomaten sind gängige Beispiele. Gleichzeitig steht Grün auch für die Frische: Man spricht von grünem Holz, wenn das Holz nach dem Fällen noch nass ist, und die grüne Hochzeit bezeichnet den Tag der Eheschließung – die Ehe ist dann noch taufrisch. In der Minnedichtung war Grün die Farbe der beginnenden Liebe. Ein "grünes Mädchen" nannte man in diesem Sinne eine ledige junge Frau, und wo grüne Trachten getragen wurden, war Hellgrün die Farbe der unverheirateten Mädchen im heiratsfähigen Alter.