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16.01.2013

Warum nicht alle Eisberge weiß sind

Blaue und grüne Exemplare bilden eine beeindruckende Ausnahme

Als Fotomotiv in den Polarregionen sind sie fast so beliebt wie Pinguine oder Eisbären: Mit ihren bizarren Formen und ihrer majestätischen Anmut drängen sich Eisberge dem Fotografen geradezu auf. Zumeist strahlen sie in Weiß vor dem blauen Hintergrund des Meeres und des Himmels, doch werden mitunter auch blaue und sogar grüne Eisberge gesichtet. Sie sind die spektakulären Ausnahmen, und bei Letzteren ist noch nicht abschließend geklärt, wie die seltene Farbe entsteht.

Die klassische Farbe für Eisberge ist selbstverständlich Weiß. Doch auch bläuliche und gelegentlich grünliche Farbtöne kommen vor Foto: kaet44, CC-Lizenz
Eisberg, Foto: kaet44, CC-Lizenz

Die Farbe des Eises hängt mit seiner Herkunft zusammen: Eisberge entstehen durch Abbrüche von Gletschern und Eiszungen, auf denen über Jahrhunderte immer neues Eis aus komprimiertem Schnee entsteht. Dabei wird Luft in die Eisstruktur eingeschlossen. Einzelne Schneekristalle können den Prozess zunächst mehr oder minder unbeschadet überstehen. Luftblasen und Schneekristalle wiederum bieten viele winzig kleine Flächen, an denen Sonnenlicht reflektiert werden kann. Ein einfallender Sonnenstrahl wird so in viele Richtungen gestreut, und zwar unabhängig von der Wellenlänge des einfallenden Lichts.

Da Sonnenlicht am helllichten Tag weiß ist, also alle Wellenlängen des Lichts enthält, erscheint auch ein solcher Eisberg weiß. Denn für den Betrachter ist immer nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs zu sehen, während rund 90 Prozent des Eisvolumens unter der Wasseroberfläche treibt. Das sichtbare Eis ist also der jüngste und noch nicht sehr verdichtete Teil der Eismasse.

Die Gletscher und Eiszungen, von denen Eisberge abbrechen, sind ursprünglich oft Hunderte von Metern dick. Die tieferen Schichten dieser Eismassen stehen unter enormem Druck, weil sich an der Oberfläche durch Schneefall immer wieder neues Eis bildet. Mit steigendem Druck werden in der Tiefe die Gasbläschen komprimiert, und die Eiskristalle werden gequetscht und abgerundet. Das Eis wird dichter und verfestigt sich, und es bleibt immer weniger Raum zwischen einzelnen Kristallen.

Wenn dieses Eis an die Oberfläche kommt, beispielsweise wenn sich ein Eisberg dreht, dann bieten sich dem einfallenden Licht weniger Hindernisse – Luftblasen und intakte Schneekristalle –, an denen es gestreut werden kann. Deshalb dringt das Licht tiefer in den Eisberg ein, bevor es zum Betrachter zurückgeworfen wird. Es legt also eine längere Strecke im Eis zurück und ist unterwegs der Absorption ausgesetzt. Eis verhält sich dabei ganz ähnlich wie flüssiges Wasser und absorbiert bevorzugt die roten und gelben Wellenlängen des Lichts, gefolgt von den grünen. So haben die blauen Wellenlängen die besten Chancen, es nicht nur ins Eis hinein, sondern auch wieder herauszuschaffen, und folglich sehen solche Eisberge blau aus.

Natürlich tragen auch die Lichtverhältnisse dazu bei, in welcher Farbe ein Eisberg erscheint. Foto: Osccarr, CC-Lizenz
Blauer Eisberg, Foto: Osccarr, CC-Lizenz

Derselbe Effekt, wenn auch oft in kleinerem Maßstab, kann durch Schmelzwasser entstehen, das erneut gefriert. Das entstehende Eis enthält oft keine Luftblasen und eine dichte Eisstruktur, sodass einfallendes Licht mehr absorbiert als gestreut wird. Auf diese Weise können sich bizarre blaue Streifen bilden, die beispielsweise auf eine ehemalige Gletscherspalte hinweisen, die sich wieder mit Wasser gefüllt hat, das später dann gefroren ist.

Grüne Eisberge sind ein besonders seltenes Phänomen, das bisher kaum erforscht wurde. Es gibt Hinweise, dass sich grünes Eis an der Unterseite von Gletscherzungen bilden kann, wenn dort kohlenstoffhaltiges Meerwasser gefriert. Organische Moleküle absorbieren bevorzugt Licht blauer Wellenlängen, sodass nur grünes Licht für den Betrachter sichtbar ist, da das rote Licht bereits von den Eismolekülen absorbiert wird. Dies gilt allerdings nur, wenn nicht zu viele Luftblasen im Eis eingeschlossen sind.

Der eingeschlossene Kohlenstoff stammt vermutlich von Phytoplankton – mikroskopisch kleinen Pflanzen, die im Meerwasser an der Oberfläche wachsen, wenn genug Licht und Nährstoffe vorhanden sind. Oft entstehen unter den richtigen Bedingungen – vor allem an der Meereisgrenze – ganze Blüten von Phytoplankton, die nach dem Absterben in die tieferen Schichten des Ozeans sinken, wo sie von Bakterien zersetzt werden. Dabei werden kohlenstoffhaltige Moleküle frei, die sich im Meerwasser lösen.

Wenn dieses Meerwasser an der Unterseite einer Eiszunge gefriert, dann wird auch der Kohlenstoff eingeschlossen. Damit ein grüner Eisberg entsteht, muss also ein Teil einer solchen Eiszunge abbrechen und sich dann drehen, damit die grüne Unterseite zum Vorschein kommt. Hinzu kommt, dass die Bedingungen für das Einlagern von organischen Stoffen wahrscheinlich nur an wenigen Eiszungen gegeben sind. Dies erklärt, weshalb grüne Eisberge so selten gesichtet werden.(cs)